Das Geld der Reichen und nur der Reichen

Mittwoch, 14. Oktober 2015

Mensch, der Grönemeyer. Der hat richtig sein Fett weg bekommen. Der alte Populist. Das konnte man letzte Woche lesen. Allerlei Medien nahmen seinen Auftritt bei Jauch unter die Lupe. Billig sei der gewesen, »verlogen«, »typisch Künstler«, der arg vereinfachend und somit populistisch fordere, dass man die Reichen zur Kasse bittet, um die Kosten für die Flüchtlingskrise leichter stemmen zu können. Geld von denen zu nehmen, die es haben, das nennt man hierzulande billig. Dabei ist das ja das Problem: Die Behebung von Elend ist gar nicht billig zu haben. Sie ist im Gegenteil ziemlich teuer. Und dann waren da ja noch die Vorwürfe gegen den griechischen Ex-Finanzminister, dem man Verlogenheit nachsagte, weil er die Vermögen der Reichen nicht angetastet hat, obgleich man das von linken Regierungen doch erwarten sollte. Die griechische Administration mit demselben Argument zu diskreditieren, mit dem Grönemeyer in dieser Talkshow saß und das man ihm nun um die Ohren haut, war aber natürlich nicht billig.

Varoufakis gab kurz nach seinem Rücktritt dem »Zeit-Magazin« ein Interview, das die deutsche Öffentlichkeit eher nicht zur Kenntnis genommen hat. Er rechtfertigte sich darin und diktierte ins Protokoll, dass er gerne Griechenlands Superreiche belangt hätte. Aber die hatten ihr Geld schon lange, ja schon vor der Krise, auf Konten im europäischen Ausland. Er hätte die Hilfe seiner europäischen Kollegen benötigt, um an diese Gelder zu kommen – aber leider kam da wenig Feedback. Er zeigte in dem Interview nicht mit dem Finger auf die Finanzminister des Kontinents und unterstellte ihnen nicht, dass sie gar nicht an den Speckgürtel der Millionäre und Milliardäre wollten. Doch als Leser musste man unwillkürlich glauben, dass es genau so gewesen ist. Aber verlogen sind natürlich diejenigen, die Gelder dort abholen wollen, wo sie in aller Üppigkeit ruhen.

Dass Reichtum geschröpft werden soll, um etwaige Engpässe zu überbrücken, gilt seit Jahren als Populismus. Wer so argumentiert, der diskreditiert sich von selbst. Konzerne oder reiche Einzelpersonen sind unantastbar geworden. Man nennt eine solche Ansicht »billig« und tut so, als haben alle Normalverdiener zusammen gefälligst selbst zu sehen, wie sie sich gesellschaftlich finanzierbar halten und über die Runden kommen. Es ist, als würde man den Normalverdienern empfehlen, sie sollten sich zieren, wenn ein Reicher mit seinem Geld um die Ecke kommt. »Lass stecken, ich kriege das selbst hin.« Es sei denn, er gibt freiwillig, macht auf Giving Pledge, dann kann man schon mal was annehmen. Aber genau das ist natürlich Quark, denn Reichtum zu besteuern ist keine Großzügigkeit, sondern fiskalpolitische Vernunft.

Wann genau hätte denn eine solche Forderung Konjunktur? Wann wäre sie mal kein »billiger Populismus«? Seien wir doch ehrlich: Für eine Forderung nach einer Reichensteuer gibt es nie Raum. Leere Sozialkassen waren jedenfalls nie ein Grund, Steuererhöhungen für Reiche zu einer legitimen Forderung zu erheben. Eine humanitäre Katastrophe wie die derzeitige Krise ist es auch nicht, wie diverse Medien jetzt beweisen, die gegen Grönemeyers Auftritt Stellung beziehen. Man kann davon ausgehen, dass es nichts gibt, was eine solche Forderung tolerabel macht. Wachsende Armut, Verelendung, sieche Bildungsangebote, eine öffentliche Hand, die Freizeitangebote schließt, Menschen, die in Zelten überwintern – egal was, es gibt einfach keinen guten Grund, der in der Öffentlichkeit ein Klima erzeugen würde, wonach Reichtum durchaus »ausbeutbar« sein sollte. Nein, dass bestimmte Eliten Konten haben, auf denen das Geld nutzlos herumliegt, ist viel wichtiger – ein elitäres Grundrecht gewissermaßen. Es kann passieren was will, jedes denkbare Fiasko - egal. Das Geld der Reichen ist auf alle Zeiten unantastbar. Wer es doch mal antastet, nimmt moralische Schuld auf sich und wird geächtet.

Wir müssen einsehen, dass es keine Notsituationen gibt, die diese Maßnahme je rechtfertigen würde. Die Eliten sind weit genug entfernt, als dass sie jemals glauben könnten, ihr Geld ist nur vom Gemeinwesen geliehen, bis es sich das zurückholt. Man hat zu lange nichts mehr dort abgeholt, als dass man sich dort oben noch erinnern könnte wie das ist, wenn man einem etwas von dem nimmt, was man monatlich überwiesen bekommt und als Vermögen geparkt hat. Dass die fetten Jahre je vorbei sein könnten, ist für sie nicht nur undenkbar - man nimmt es als Forderung und Absicht auch wie eine Frechheit wahr, die man sich nicht gefallen lassen muss. Und etwaige Lohnschreiber finden sich immer, um einen dieser Frechdachse, die populistisch »die Neiddebatte« anfachen, in die moralischen Schranken zu weisen und zu vershitstormen.

Man muss ja zugeben: Es klingt wahrhaftig so einfach. Reichtum besteuern in Krisen, in Zeiten leerer Kassen und teurer Anstrengungen. So einfach. Nehmen um geben zu können. So einfach. Verteilen eben. Einfach. Vielleicht viel zu einfach? Kann sein. Man muss ja auch über die Modalitäten sprechen. Wo fängt Reichtum an? Geht es um Vermögen oder Einkommen? Wie hoch sollen Prozentsätze sein? Sind Reiche nur Personen oder auch Unternehmen? Aber ja und nochmals ja, genau so einfach wäre es tatsächlich. Man hat in den letzten Jahrzehnten nur einen Popanz aufgebaut, der uns eingetrichtert hat, dass leere Staatskassen ein hochkomplexer Vorgang seien, den man nicht einfach regulieren könnte. Simplify our life. Es wird Zeit. Auch wenn man uns beständig klarmachen will, dass es nie an der Zeit sein wird, Reichtum in die Verantwortung zu nehmen.

Reiche, die sakrosankt sind und daher leere Sozialkassen, Abbau und Armut? Es wird nicht besser werden, bei der Zukunft, die sie für uns planen. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass TTIP zerstört werden muss.

10 Kommentare:

KwakuAnansi 14. Oktober 2015 um 09:16  

"Wenn eine Idee die Massen ergreift, wird sie zur materiellen Gewalt", oder so.
Versuchen wir doch mal in unserem jeweiligen Umfeld, diese Idee ausdauernd zu propagieren. Mal sehen...

Anonym 14. Oktober 2015 um 11:24  

Hallo Roberto,
erstmal vielen Dank für Deine guten Artikel.
Aber leider "Hackt eine Krähe niemals einer anderen die Augen aus", deshalb wird ein Herr Grönemeyer verunglimpf und ins lächerliche gezogen. Und das einfache nicht gesehen(soll nicht gesehen werden).
Leider.
Gruß und schönen Tag
Thomas

Manul 14. Oktober 2015 um 12:33  

Ich denke, solche Veränderungen brauchen erst noch eine geistige Vorbeireitung und genau das ist die größte Schwierigkeit daran. Die heutigen Eliten sind nämlich durchsetzt mit Menschen, die der Meinung sind, dass sie einen absoluten Anspruch auf Reichtum hätten und die auch alle Mittel einsetzen, um ihren verschwenderischen Lebensstil als das Non-Plus-Ultra anzupreisen. Daraus hat sich in den letzten Jahrzehnten ein Antiintellektualismus entwickelt, der den Wunsch nach Einfachheit so weit bedient, dass viele Menschen die Ursachen und Komplexizität der heutigen Probleme gar nicht mehr durchschauen, weil sie nur noch mit Einkaufen und Arbeiten beschäftigt sind.

Es kann sich also nur etwas bewegen, wenn man diese Leute auf eine radikale Art dazu bringt, dass sie endlich mal aufwachen. Die denken nämlich, dass das Leben eine Fiesta ist und dass es nur darum geht genug Schampus, Häppchen und Nutten zu haben, um sich die Langeweile zu versüssen. Die Kriege und Konflikte, die weltweit statt finden, sind für sie jedenfalls nur ein Spielplatz, auf dem sie Geld verdienen und überflüssige Menschen verheizen und es wird auch nichts ausgelassen, um weitere Konflikte unter den Menschen zu schüren. Diese Leute geben also lieber Geld für Waffen aus, um unerwünschte Ethnien auszurotten als Entwicklungshilfe zu leisten, die diese Welt befrieden würde.

Lange Rede, kurzer Sinn: Wir werden von kleinen Kindern regiert, die auf jeden mit Fäusten losgehen, der ihnen sagt, dass sie keine Cola düfen, weil es ungesund ist. Anders kann ich mir diese Hysterie rarional gar nicht erklären...

polaroid 14. Oktober 2015 um 17:15  

Wieso soll es schwierig sein, Reichtum zu besteuern? Einfach eine Vermögensteuer auf materiellen Besitz im Wert von mehr als soundso viel Millionen Euro einführen. Kompliziert wird es erst danach, wenn die Betroffenen nach Schlupflöchern suchen. Sprich Steuern hinterziehen, also kriminell werden.

Lässt sich also nicht jeder, der das Besteueren von Reichen als zu kompliziert empfindet, von kriminellen erpressen.

Braman 14. Oktober 2015 um 20:58  

Hallo Roberto,
der wievielte Artikel über die ungerechte Verteilung von Geld und Vermögen ist das schon?
Der Millionste oder mehr.
Ich bin eigentlich gegen ein Besteuerung von Vermögen und Reichtum. Allerdings bin der Ansicht, das großes Vermögen und Reichtümer gar nicht erst entstehen dürfen. Alle Reichtümer und Vermögen sind Diebesgut und Hehlerware. Sie wurden dem Volk vorenthalten (privatisiert). Das bedeutet, ALLE Reichtümer gehören eigentlich dem Volk das sie ja auch erarbeitet hat oder, bei Grund und Boden, Gemeineigentum war.
Daher braucht man auf Volkseigentum, in welcher Form auch immer, keine Steuern ergeben. Es muss einfach dem Volk zurück gegeben werden. Das ist nicht mal eine Enteignung sondern die Rückgabe von Diebesgut.
Da dies aber bei den derzeitigen, auch von den Bestohlenen akzeptierten, Machtverhältnissen nicht machbar ist, sollten wir aufhören, diese kriminelle Parasitengruppe (ich bezeichne sie schon lange nicht mehr als "Eliten") durch unterbezahltes Arbeiten und überflüssigen Konsum weiterhin zu alimentieren.
Sich aufregen hilft uns nicht.
Wut und Zorn ist wie Gift schlucken und zu hoffen das der andere daran stirbt! (Sidharta)
Nur Taten zählen und wirken.

MfG: M.B.

Anonym 15. Oktober 2015 um 14:04  

Ich würde noch weitergehen. Es gilt nicht nur "Wir müssen einsehen, dass es keine Notsituationen gibt, die diese Maßnahme je rechtfertigen würde". Wir müssen auch einsehen, dass im Zeitraum einer Generation, also in den nächsten 20-30 Jahren, kein grundsätzlicher Politikwechsel stattfinden wird, weil das Politikerpersonal in diesem Zeitraum nicht durch eine Mehrheit grundsätzlich Andersdenkender ausgetauscht sein wird. Ein Blick in die Abgeordnetenreihen der Jungpolitiker, die in 20-30 Jahren (eher: 30-40 Jahren) dort noch sitzen, sagt alles.
Wenn man publizierend etwas bewirken will, müsste man angesichts dieses Umstands nicht vorrangig den Menschen Hilfe zur Selbsthilfe geben, statt sich darauf zu verlegen, sich an den äußeren Umständen abzuarbeiten - was den Leuten in ihrer Misere aber keinen Deut weiterhilft?

Unknown 15. Oktober 2015 um 16:34  

Hallo, vielen Dank erneut, für diesen Artikel. Was in den Skandinavischen Ländern die Regel, war und ist in Deutschland schon immer die Ausnahme gewesen. In keinem Land, gibt es so viele Steuerausnahmetatbestände wie in Deutschland. Hinzu kommen die Beitragsmessungsgrenzen, also jeder Einkommens-Millionär, hat prozentual eine geringere Belastung, als normale Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Da gibt es noch das neu gestaltete Stiftungsrecht, und die pauschale Besteuerung von Kapitaleinkünfte und vieles mehr. Es gab doch einmal kurz nach dem 2.WK für Vermögende ein Lastenausgleich ab einem gewissen Vermögen. Dies wäre auch heute wieder durchaus denkbar. Aber man sollte nie vergessen, dass erst unter rot/grün Vermögende massiv entlastet wurden.

Anonym 18. Oktober 2015 um 14:16  

Braman, "ALLE Reichtümer gehören eigentlich dem Volk" - ja! Aber wie will man drastische negative Effekte vermeiden wie in der DDR? Die Lehren daraus, ohne das Modell grundsätzlich zu kippen, wären doch das Interessante für die Zukunft.

Anonym 19. Oktober 2015 um 22:39  

Die Forderungen sind vernünftig und berechtigt.
Das Problem ist nur das die Vermögenssteuer 1995 vom BVferG kassiert und 1997 durch Kohl ausgesetzt wurde.
Seitdem gibt es keine geregelte Erfassung des Reichtums mehr.
Es gibt also Reichtum, nur niemand weiß so richtig wem er gehört und wohin er bereits geflüchtet ist.
Die Wiedereinsetzung einer überarbeiteten, den Anforderungen des BVerfG- Urteils entsprechenden Vermögenssteuer wird lange, sehr lange dauern.
18 Jahre Gelegenheit ungestört Verbindungen zu vertuschen.
Was für ein Geschenk!

Grüße

Anonym 21. Oktober 2015 um 04:31  

Kapitalismus gescheitert / Grundversorgung kommt
https://aufgewachter.wordpress.com/2014/02/20/kapitalismus-gescheitert-grundversorgung-kommt/

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